Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache in Österreich. Die Prävention spielt eine entscheidende Rolle bei der Vermeidung dieser Erkrankungen, wobei Biomarker eine wichtige Funktion bei der Früherkennung von Risiken übernehmen. Einer dieser Biomarker, Trimethylamin-N-Oxid (TMAO), wurde von der Forschungsgruppe um Andreas Meinitzer, Dietmar Enko und Gunter Almer am Klinischen Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik der Med Uni Graz in Zusammenarbeit mit finnischen Forscher*innen aus Turku untersucht. Die aktuellen Ergebnisse dieser internationalen Kooperation wurden kürzlich im renommierten Fachjournal Clinical Chemistry veröffentlicht.
TMAO: wie ein Stoff aus der Nahrung die Gesundheit beeinflusst
Trimethylamin-N-Oxid (TMAO) ist ein Stoff, der in unserem Körper entsteht, nachdem bestimmte Nahrungsmittel wie rotes Fleisch, Fisch, Eier und Käse verzehrt wurden. Dieser Stoff wird zunächst im Darm von Bakterien produziert und gelangt dann in die Leber, wo er weiterverarbeitet wird. „Erhöhte TMAO-Werte im Blut stehen in Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck und Nierenversagen. Die Vorstufe von TMAO wird im Darmmikrobiom durch Bakterien gebildet und anschließend in der Leber zum aktiven Wirkstoff umgewandelt“, erklären Gunter Almer und Dietmar Enko vom Klinischen Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik der Med Uni Graz. Interessanterweise gibt es auch Hinweise darauf, dass TMAO positive Effekte haben könnte, wie die Hemmung der Entstehung von Krebszellen und die Stabilisierung des Glukosehaushalts.
Ein Blick auf TMAO: Langzeitbeobachtungen zeigen geschlechtsspezifische Unterschiede bei Jugendlichen
In der aktuellen Studie wurde die Konzentration von Trimethylamin-N-Oxid (TMAO) im Serum von insgesamt 1.062 Kindern und Jugendlichen ab dem elften Lebensjahr bis ins frühe Erwachsenenalter detailliert untersucht. Diese weltweit einzigartige Longitudinalstudie verfolgte die TMAO-Werte über einen Zeitraum von 15 Jahren, mit Messungen in regelmäßigen Abständen (im Alter von 11, 13, 15, 17, 19 und 26 Jahren). Neben zahlreichen anderen Gesundheitsparametern wurde der Verlauf dieses Mikrobiom-Metaboliten präzise dokumentiert.
Die Ergebnisse zeigten einen kontinuierlichen Anstieg der TMAO-Konzentration ab dem Alter von elf Jahren sowohl bei weiblichen als auch bei männlichen Teilnehmer*innen. „Besonders auffällig war, dass männliche Jugendliche bereits zu Beginn der Studie signifikant höhere TMAO-Werte aufwiesen als ihre weiblichen Altersgenossen. Trotz verschiedener Ernährungsinterventionen blieben die TMAO-Spiegel im Blut unverändert, was darauf hindeutet, dass andere Faktoren die TMAO-Konzentration beeinflussen könnten“, fasst Gunter Almer zusammen.
Besonders interessant war der beobachtete Zusammenhang bei weiblichen Probanden: Hier konnte ein direkter Einfluss der Ballaststoffaufnahme auf die TMAO-Spiegel nachgewiesen werden. Dies deutet auf mögliche geschlechtsspezifische Unterschiede im Metabolismus von TMAO hin. „Diese Entdeckung legt nahe, dass zukünftige Forschungsarbeiten den TMAO-Stoffwechsel genauer untersuchen und geschlechtsspezifische Unterschiede in der Verarbeitung dieses Metaboliten berücksichtigen sollten“, so die Experten abschließend.
Steckbrief: Gunter Almer
Gunter Almer ist Biologe und Senior Scientist am Klinischen Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik (KIMCL). Seine langjährigen Erfahrungen als Forscher hat er in verschiedensten Projekten gesammelt: vom Aufbau der Styjobs-Studie zur Untersuchung von übergewichtigen Kindern über die Erforschung der Atherosklerose in Zellkultur und an diversen Labormodellen in FFG-, FWF- und EU-Projekten am KIMCL, in Kooperation mit Forschungspartner*innen europaweit und an der ehemaligen Akademie der Wissenschaften, wo er Nanopartikel zur Detektion von Atherosklerose formuliert hat. Aktuell forscht er an den Auswirkungen diverser hochkalorischer Diäten und moderaten Langzeitausdauersports am Labormodell sowie an den Zusammenhängen des Mikrobioms mit verschiedenen Biomarkern.
Steckbrief: Andreas Meinitzer
Andreas Meinitzer ist Chemiker mit langjähriger Forschungserfahrung an der Medizinischen Universität Graz. Er verfasste zahlreiche Publikationen im klinisch-analytischen und epidemiologischen Bereich und hat europaweite Kontakte.