Krebs und viele chronische Erkrankungen sind betreuungsintensiv - auch nach der Spitalsentlassung. Telemedizinische Angebote können Spitäler, Ambulanzen und Patient*innen entlasten und eine Chance sein, die Qualität der Versorgung zu verbessern. Wie das etwa bei steirischen Patient*innen mit Kehlkopfkrebs mithilfe von telemedizinischer Nachbetreuung via Tablet geht, wurde Donnerstagabend beim Austria Health Forum in Schladming von Markus Gugatschka, Vorstand der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Med Uni Graz, vorgestellt.
Der Verlust des Kehlkopfes, etwa durch Krebs, verändert den Alltag der Betroffenen grundlegend: Die Patient*innen verlieren die natürliche Möglichkeit zu sprechen. Erfreulicherweise gibt es heute eine Reihe von Möglichkeiten, den Betroffenen nach Entfernung des Verbindungsstücks zwischen Rachen und Luftröhre zu einer Ersatzstimme und damit zu einem verständlichen Sprechen zu verhelfen. In der Steiermark ist dazu allerdings monatelange Rehabilitation mit Logopäd*innen am Grazer LKH-Uniklinikum notwendig. Von dort aus werden die Kehlkopfpatient*innen des gesamten Bundeslandes und Teilen des südlichen Burgenlands betreut.
Das kann für viele der Betroffenen, die oftmals weit über 65 Jahre alt sind, sehr belastend sein, wenn sie in den steirischen Regionen wohnen und einen langen Anfahrtsweg haben, schilderte Klinikvorstand Markus Gugatschka. Im Verlauf der Pandemie, in der Logopäden keine Therapie mit den Patientinnen und Patienten machen konnten, wurde die Problematik noch drängender, weiß der HNO-Experte, der zugleich die klinische Abteilung für Phoniatrie an der Med-Uni Graz leitet.
Tablet "Erna" bietet personalisierte Übungen
Die Lösung, die Gugatschka und seinem Mitarbeiter*innenteam eingefallen ist, heißt Erna. Erna ist ein Tablet, mit dessen Hilfe die therapeutischen Übungen für die Bereiche Atmung, Schlucken, Stimme/Kommunikation im gewohnten sozialen und häuslichen Umfeld angeboten werden können. "Die Übungen sind personalisiert auf die jeweiligen Patient*innen, per Videokonferenz können sie an synchronen Therapien mit den betreuenden Logopäd*innen teilnehmen. Andere Übungen können alleine zuhause abgearbeitet werden und es gibt auch eine Chatmöglichkeit", schilderte Gugatschka. Zusätzlich kann das System wichtige Gesundheitsparameter wie etwa Gewicht, Wohlbefinden und Angaben zu allfälligen Schmerzen speichern.
Die Programmierung erfolgte über den Studiengang eHealth der Grazer FH Joanneum, gefördert wurde das Projekt vom Gesundheitsfonds Steiermark. Er hat inmitten der Pandemie im Rahmen eines Calls zur "Förderung von digital healthcare-Projekten" eingeladen, Konzepte zu entwickeln und Projekte zu pilotieren. 50 Prozent der Projektkosten werden von der Österreichischen Sozialversicherung getragen.
Mittlerweile wurde das Tablet an mehreren steirischen Kehlkopf-Operierten erprobt. Von Anfang an, sei mitgeplant worden, dass das Konzept nicht nur in Graz, sondern auch an anderen Häusern der steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft implementiert werden kann, damit es nach erfolgreichem Abschluss steiermarkweit bzw. in weiterer Folge auch österreichweit ausgerollt werden kann. Im Dezember 2022 endet die Finanzierung. Bis dahin müsste die Frage geklärt sein, wie die weitere Finanzierung möglich wird, hieß es im Rahmen eines Kamingespräches am Austrian Health Forum in Schladming.
Textnachweis: APA SCIENCE