Dem Stoffwechsel kommt in Sachen Gesundheit und Wohlbefinden eine zentrale Rolle zu. Chemische Stoffe werden durch den Körper transportiert, verarbeitet, gespalten und ausgeschieden. Eine besonders wichtige Rolle nimmt der Energie- und Fettstoffwechsel ein. Schlüsselenzyme bei diesen Vorgängen sind die sogenannten Lipidhydrolasen, die in der Lage sind, Fette im Körper zu spalten. Die genaue Beteiligung vieler dieser Enzyme ist jedoch noch weitgehend unbekannt. An der Med Uni Graz wird im Rahmen des Spezialforschungsbereichs (SFB) Lipidhydrolyse, dessen Förderung kürzlich um vier weitere Jahre verlängert wurde, an diesen Enzymen geforscht.
Wichtige Bausteine des Stoffwechsels
Die Zahlen übergewichtiger bzw. fettleibiger Jugendlicher und Erwachsener sind stetig im Steigen begriffen. Adipositas erhöht das Risiko für eine Reihe von Stoffwechselerkrankungen bis hin zu Krebs. Rund 600 000 Menschen leiden österreichweit an Diabetes mellitus. 40 000 Krebsneuerkrankungen werden allein in Österreich jährlich verzeichnet. Nur wenn man die beteiligten Schlüsselenzyme und Reaktionen kennt, kann therapeutisch eingegriffen werden. Die Forscher*innen von vier österreichischen Universitäten legen dabei den Fokus auf sogenannte Lipidhydrolasen. Diese Schlüsselenzyme setzen unverzichtbare Biomoleküle frei und sind nicht nur am Zellwachstum und der Zellvermehrung beteiligt, sondern spielen auch in der zellulären Signalweiterleitung und im Fett- und Energiestoffwechsel eine entscheidende Rolle.
Start der zweiten Förderperiode
Der Spezialforschungsbereich Lipidhydrolyse startete nach erfolgreicher internationaler Begutachtung mit 1. März 2023 in seine zweite Förderperiode. Gefördert werden acht Forschungsgruppen an vier österreichischen Universitäten unter der Koordination von Dagmar Kratky von der Med Uni Graz. Finanziert wird der SFB vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF im Umfang von 4,4 Millionen Euro, Zusatzfinanzierungen gibt es vom Land Steiermark sowie der Stadt Graz.
Erfolgreiche erste Förderperiode
Die nun abgelaufene erste Förderperiode brachte spannende Ergebnisse hervor. 210 der vermeintlichen Lipidhydrolasen konnten identifiziert und teilweise schon charakterisiert werden. Eine innovative Plattform zur funktionellen Charakterisierung, die im Rahmen dieses Projekts eingeführt wurde, war dabei besonders hilfreich. So konnten 84 enzymatisch aktive, also funktionsfähige Lipidhydrolasen identifiziert werden, von denen 17 bislang völlig unbekannt waren. Weitergehende Untersuchungen konnten die physiologische Wirkung einiger dieser neu identifizierten Lipidhydrolasen in verschiedenen Zellen und Organen nachweisen und führten zur Entdeckung neuartiger Regulationsmechanismen bei durch Fett bedingten Stoffwechselerkrankungen und Krebs.
Ziele der zweiten Förderperiode
In der zweiten Förderperiode sollen besonders die in der ersten Förderperiode neu entdeckten Lipidhydrolasen detailliert charakterisiert werden, um den Geheimnissen dieser Enzyme auf die Spur zu kommen. Je besser die komplexen Reaktionsprozesse des Fettabbaus verstanden werden, desto eher können Ursachen von Stoffwechselerkrankungen entschlüsselt und neue Behandlungsstrategien gefunden werden.
Steckbrief: Dagmar Kratky
Dagmar Kratky ist Biochemikerin und Molekularbiologin mit Spezialisierung auf Fett- und Energiestoffwechsel. Ihre Forschungsgruppe untersucht die Rolle von fettspaltenden Enzymen, sogenannten Lipidhydrolasen, in Zellen und Organen. Ziel ihrer Forschung ist es, Stoffwechselstörungen entgegenzuwirken, indem sie die molekularen Mechanismen identifiziert, die Anomalien im Stoffwechsel verursachen.