Gerichtsmedizin - Andrey Popov/AdobeStock

"In Graz entsteht Großartiges": Interview in der Ärzte Woche

Sarah Heinze kam im vergangenen Jahr aus Heidelberg an die Med Uni Graz, wo sie die Professur für Gerichtliche Medizin übernahm. Warum Heinze nach Graz kam und weshalb sie neben der Forensik bewusst die Fachärztin für Radiologie anstrebte, erklärt sie im Gespräch mit Chefredakteur Raoul Mazhar.

Ärzte Woche: Was hat Sie bewogen, vor einem Jahr nach Österreich zu kommen, das ja nicht unbedingt als Hort der verwöhnten Forensikerinnen gilt?

Sarah Heinze: Es gibt verschiedene Gründe, aber Österreich war der Hotspot für Gerichtsmedizin. Graz ist sogar der dritte Lehrstuhl für Gerichtliche Medizin im gesamten deutschsprachigen Raum und der zweite in Österreich. Diese Tradition reicht zurück bis ins Jahr 1863. Leider ist diese Tradition in den vergangenen Jahren etwas verlorengegangen. Das Angebot in Graz war jedoch so attraktiv, dass ich hier viel aufbauen und gestalten kann. Die Chance, das Fach in Graz und in ganz Österreich weiterzuentwickeln und auf dem neuesten Stand zu sein, hat letztendlich den Ausschlag gegeben, „Ja“ zu sagen. Ich glaube, dass in den kommenden Jahre viel Großartiges entstehen kann.
 

Ärzte Woche: Woher kommt Ihre Liebe zur Rechtsmedizin, es ist ja eigentlich eine eigenartige Disziplin?

Heinze: Es ist ein faszinierendes und breit gefächertes Fach, das viel weiter reicht, als man denkt. Es gibt viele Schnittstellen zu anderen Fachrichtungen. Ich muss wissen, welche Behandlungen durchgeführt werden und worauf sie basieren. Dafür muss ich in einem sehr breiten Bereich der Medizin immer auf dem neuesten Stand bleiben. Je besser ich in meinem Fachgebiet bin und je genauer ich es darstellen kann, umso mehr kann ich helfen. Nicht nur den Opfern von Gewalttaten, sondern auch präventiv, um zukünftige Gewalttaten zu verhindern. Das macht das Fach so spannend.
 

Ärzte Woche: Viele Kollegen bekommen aber heute noch Gänsehaut, wenn sie nur an ihre erste Leichenbeschau denken. Gibt es Ihrerseits einen Tipp, wie man das unter Kontrolle
bekommt?

Heinze: Kontrolle zu erlangen hat viel damit zu tun, sich wirklich zu trauen. Sobald man sich in der Situation befindet und darüber nachdenkt, welche Verantwortung man hat und dass man eine sinnvolle Erklärung zur Todesursache und zum Geschehen liefern muss, ist man so konzentriert und erfüllt seinen letzten Dienst an den Patientinnen. Dadurch verschwindet die Hemmschwelle, weil man mittendrin im Geschehen ist.
 

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Textnachweis: Ärzte Woche vom 24. August 2023