Die Forscher*innen am Flughafen - Credit: Med Uni Graz

EU-Horizon-Projekt zur Flugtüchtigkeit von Pilot*innen mit Diabetes

Die Diabetestherapie hat sich in den letzten Jahren erheblich verbessert. Menschen mit Diabetes können heutzutage ihre Glukosewerte durch moderne Technologien überwachen. Trotzdem werden Menschen mit Diabetes mellitus nach wie vor von sicherheitskritischen Aufgaben ausgeschlossen und die Fortschritte in Medizin und Technik werden nicht anerkannt. Dies betrifft in weiten Teilen Europas auch Pilot*innen, selbst wenn sie ihre Diabetes-Erkrankung mit Insulin behandeln.

Ein EU-Horizon-Projekt der Med Uni Graz als Projektkoordinatorin gemeinsam mit der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) und einem internationalen Konsortium bestehend aus Expert*innen in den Bereichen Luftfahrt und Diabetes beschäftigt sich mit dieser Thematik.


Die Folgen von Diabetes

In Europa ist es Pilot*innen mit insulinbehandeltem Diabetes aus Sicht der EASA grundsätzlich nicht erlaubt, ein Flugzeug zu fliegen. Ausnahmen bestehen in Form des ARA.MED.330-Protokolls, das in drei europäischen Ländern – Österreich, Großbritannien und Irland – angewendet wird.

Der Grund für dieses Regulatorium liegt in der Gefahr des Auftretens von Unterzuckerung oder einem erhöhten Blutzuckerspiegel (Hypoglykämien und Hyperglykämien), die zu kognitiven Beeinträchtigungen der Pilot*innen führen können.

Julia Mader, Expertin für Diabetologie und Endokrinologie an der Med Uni Graz, fasst die Ziele des Projekts wie folgt zusammen: „Die Diabetestherapie hat sich in den letzten Jahren erheblich verbessert. In diesem Projekt untersuchen wir, ob die verwendeten Technologien (Glukosesensoren, Insulinpumpen, automatisierte Insulinabgabesysteme) bei Höhe und Druckschwankungen sicher funktionieren und ob es Auswirkungen auf die Diabeteseinstellung gibt.“

Das Projekt, das am 1. Jänner 2023 gestartet ist, hat bereits einige Publikationen hervorgebracht, die vor Kurzem auch im Rahmen des Kongresses der Europäischen Diabeteskonferenz (EASD) präsentiert wurden.


EU-Projekt zu Pilot*innen mit Diabetes

Bei einer dieser bisher äußerst vielversprechenden Studien des Projekts wurden beispielsweise Pilot*innen mit insulinbehandeltem Diabetes mellitus mit Diabetestechnologie – mit Systemen zur kontinuierlichen Glukosemessung, Insulinpumpen und automatisierten Insulinabgabesystemen – in einer hypobaren Kammer unterschiedlichen Umgebungsdrücken ausgesetzt, wie sie während eines Flugs auftreten.

Simuliert wurden im Rahmen dieser Studie ein 20-minütiger Aufstieg auf 2.500 Meter, ein 190-minütiger Flug und ein 20-minütiger Sinkflug mit anschließender Landung. Wenngleich aufgrund des Boyle-Mariotte-Gesetzes bei abnehmendem Druck die Volumina – also auch jene der Insulinbehälter – zunehmen und dadurch beim Steigflug etwas mehr Insulin als vorgesehen in den Körper gepumpt wird, so ist die zusätzliche Menge nicht signifikant, sodass keine sicherheitsrelevanten Bedenken auftreten.

Sollten die Resultate weiterer Studien die bisherigen Ergebnisse bestätigen, würde dies in ganz Europa den Weg von Pilot*innen und Fluglots*innen mit insulinbehandeltem Diabetes in die kommerzielle Luftfahrt ebnen.


Steckbrief: Julia Mader

Julia Mader forscht und arbeitet an der Med Uni Graz als Internistin im Bereich Diabetes und Stoffwechselerkrankungen. Gemeinsam mit ihrem Team untersucht sie neue Technologien zur Behandlung und besseren Betreuung von Diabetes und Adipositas. Dadurch sollen negative Langzeitfolgen dieser Krankheiten verhindert werden.

Kontakt

Univ.-Prof.in Priv.-Doz.in Dr.in Julia Mader
Julia Mader 
Klinische Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie
Medizinische Universität Graz
T: +43 316 385 80254