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Frailty: Gebrechlichkeit als Demenzrisiko?

Ob und wann eine Demenzerkrankung auftritt, welche Risikofaktoren dazu beitragen und wie man sich davor schützen kann, steht im Fokus vieler Forschungsprojekte weltweit. Erwin Stolz vom Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie der Med Uni Graz war federführend an einem internationalen Forschungsprojekt beteiligt, das sich mit dem Zusammenhang zwischen Frailty und dem Auftreten von Demenz beschäftigt hat.


Was ist Frailty?

Der Symptomkomplex „Frailty“ steht bei dieser Studie im Mittelpunkt. Es ist ein multidimensionales geriatrisches Syndrom, das oft mit „Gebrechlichkeit“ ins Deutsche übersetzt wird. Genauer gesagt handelt es sich bei Frailty um eine erhöhte Verletzlichkeit aufgrund altersbedingt verringerter Reservekapazitäten in mehreren Organsystemen.

„Ältere Personen mit Frailty haben ein erhöhtes Risiko, bereits durch kleinere Stressfaktoren, zum Beispiel eine Infektion, einen Medikamentenwechsel oder einen Eingriff, schwerwiegende gesundheitliche Verschlechterungen zu erleiden – bis hin zu anhaltender Pflegebedürftigkeit und Mortalität“, erklärt Erwin Stolz. Im Rahmen dieser Studie wurde der Grad bzw. der Verlauf von Frailty anhand von über 50 altersbezogenen Gesundheitsproblemen, wie zum Beispiel chronischen Erkrankungen, Gewichtsabnahme, Schmerzen, Schlafproblemen, Hör- und Sehproblemen, Erschöpfung, geringer Gehgeschwindigkeit und Muskelkraft, quantifiziert.


Frailty als Risikofaktor

Um den Zusammenhang zwischen Frailty und der Entwicklung von Demenz zu untersuchen, haben die Forscher*innen Daten von knapp 30.000 älteren Personen aus vier Kohorten im Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten analysiert, die bis zu 20 Jahre nachverfolgt wurden.

Im Rahmen der Analyse hat sich gezeigt, dass jene Personen, die später an Demenz erkrankten, bereits vier bis neun Jahre vor Auftreten der Demenzerkrankung eine deutliche Zunahme in der Anzahl altersbedingter Gesundheitsprobleme zeigten, aber dass das Ausmaß von Frailty auch davor schon ein Risikofaktor für die spätere Demenzerkrankung war.

Die Schlüsse der Studie fasst Erwin Stolz so zusammen: „Wer sich im mittleren und höheren Alter gesund und fit hält, senkt das Risiko, später an Demenz zu erkranken. Demgemäß ist es nicht nur sinnvoll, den Grad der Frailty zu messen, etwa im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen, sondern auch, mittels Gesundheitsprogrammen und Hinweisen zukünftigen Gesundheitsproblemen im Alter frühzeitig entgegenzusteuern, zum Beispiel hinsichtlich körperlicher Aktivität und gesunder Ernährung.“


Steckbrief: Erwin Stolz

Erwin Stolz ist seit 2014 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie und forscht zu sozialen Einflussfaktoren von Gesundheit und der Epidemiologie des Alterns, das heißt der Beschreibung, Erklärung und Vorhersage gesundheitlicher Veränderungen im Alter, insbesondere in den letzten Jahren des Lebens. Nach seiner Promotion 2015 an der Universität Salzburg hat sich Erwin Stolz 2019 für das Fach Sozialmedizin habilitiert und wurde 2025 zum Research Professor ernannt.

Kontakt

Research Professor Priv.-Doz. Dr. phil.
Erwin Stolz  
Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie
Medizinische Universität Graz
T: +43 316 385 71587