Diagnostik- und Forschungszentrum

Forschungsschwerpunkt Liquid Biopsy

Teamleiter*innen: Ellen Heitzer, Jochen Geigl

Fokus: Tumore setzen Bestandteile wie zellfreie DNA-Fragmente (ctDNA, zirkulierende Tumor-DNA) oder lebensfähige Zellen (CTC, zirkulierende Tumorzellen) in die Zirkulation frei, die deren genetische oder epigenetische Landschaft widerspiegeln. Daher können CTC und ctDNA für das molekulare Profiling und die Prognose maligner Erkrankungen aus Blut und anderen Körperflüssigkeiten verwendet werden. Die sog. Liquid Biopsie (LB) birgt ein großes Versprechen für die Präzisions- und personalisierte Medizin und insbesondere ctDNA hat sich als wertvolles Werkzeug zur Erkennung von Krebsrezidiven, zur Vorhersage der Tumorlast und des Therapieansprechens sowie zur Identifizierung von Resistenzmechanismen erwiesen. Unsere LB-Gruppe am D&F-Institut für Humangenetik verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Analyse von Plasma-DNA. Wir haben eine Fülle von Plasma-DNA-basierten Ansätzen etabliert, um genomweite Kopienzahlveränderungen zu untersuchen, sowie hochempfindliche Ansätze, um spezifische Mutationen, die bei niedrigen Allelfrequenzen auftreten, nachzuweisen. In diesem hart umkämpften Feld ist unsere Gruppe eine der renommiertesten auf diesem Gebiet.

Vernetzung: Unsere Gruppe hat sowohl viele erfolgreiche inneruniversitäre Kooperationen als auch auf nationaler und internationaler Ebene.

Medizinische Universität Graz: Wir haben erfahrene klinische Partner*innen für eine Reihen von soliden Tumoren an den Abteilungen für Gynäkologie, Onkologie und Urologie. Darüber hinaus arbeiten wir mit den Abteilungen für Hämatologie, Pädiatrische Hämatologie/Onkologie und Orthopädie im Rahmen von hämatologischen Erkrankungen und Sarkomen zusammen. Zudem besteht eine langjährige Zusammenarbeit mit dem Diagnostik- und Forschungsinstitut für Pathologie an der Med Uni Graz bzw. der Abteilung für Pathologie am LKH II. Weiters haben wir eine intensive Zusammenarbeit mit dem Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Dokumentation.

Unsere Forschungen im Bereich der Liquid Biopsy finden in etablierten internationalen Netzwerken statt wie beispielsweise das CANCER-ID Konsortiums, eine von der europäischen Innovative Medicines Initiative (IMI) geförderte öffentlich-private Partnerschaft, die vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (K. Pantel), der Universität Twente (L. Terstappen), Bayer HealthCare (T. Schlange) und Menarini (B. Baggiani) koordiniert wurde. CANCER-ID ist Ende 2019 ausgelaufen und wird nun von der European Liquid Biopsy Society (ELBS) weitergeführt.

Darüber hinaus verfügen wir über gut etablierte Verbindungen zu führenden Liquid-Biopsy-Gruppen an der University of Cambridge, Cancer Research UK, dem Memorial Sloan Kettering Cancer Center, der University of Wisconsin, dem University Medical Center Groeningen etc.

Unsere Expertise wird international anerkannt und ist beispielsweise durch Einladungen zu Kongressen, Reviews in internationalen Fachzeitschriften und Buchkapiteln dokumentiert.

Projekte

Methodenentwicklung für die Analyse von zirkulierender Tumor DNA

  • Unser Ziel ist es, die Analyse von Plasma-DNA für die klinische Routine nutzbar zu machen. Dazu haben wir bereits mehrere ctDNA-Analysemethoden entwickelt, die es ermöglichen, das Tumorgenom nichtinvasiv zu rekonstruieren. Mit unserem Plasma-Seq-Ansatz, der kontinuierlich verbessert wird, sind wir in der Lage, genomweite Kopienzahlveränderungen einschließlich fokaler Veränderungen zu erfassen, die treibende Kräfte für die Tumorentstehung und -progression darstellen. Unsere bisherigen Studien mit Plasma-DNA von Krebspatienten zeigten hochvariable Allelfrequenzen der ctDNA. Eine umfassende Analyse von Tumorgenomen wird allerdings erheblich erleichtert, wenn die Plasma-DNA erhöhte Mengen an ctDNA enthält. Daher haben wir eine schnelle und kostengünstige Methode zur Quantifizierung des Tumoranteils in einer gegebenen Probe entwickelt. Derzeit arbeiten wir daran, die Auflösung dieser Ansätze zu verbessern.
  • Laufzeit: fortlaufend
  • Gefördert durch:  BioTechMed-Graz flagship project EPIAge, Cancer-ID (Europe’s Innovative Medicines Initiative grant agreement #115749), FWF Projekte P20338, P23284 und W 1226-B18, DKplus Metabolic and Cardiovascular Disease, Oesterreichische Nationalbank (Projekt 15093)
  • Projektpartner*innen: Klinische Abteilungen für Gynäkologie, Hämatologie, Onkologie und Universitätsklinik für Urologie der Medizinischen Universität Graz, Diagnostik- und Forschungsinstitut für Pathologie an der MedUni Graz, CEMM, Research Center for Molecular Medicine of the Austrian Academy of Sciences: Christoph Bock

Biological Plasma DNA Profiling

  • Wir erforschen neuartige Plasma-DNA-Analysestrategien, die auf der Beobachtung beruhen, dass zellfreie DNA-Fragmente (cfDNA) mit der Freisetzung von DNA aus apoptotischen Zellen nach enzymatischer Verarbeitung assoziiert sind, da die Verteilung ihrer Längen einen Modus nahe 166 bp aufweist. Diese Größe entspricht ungefähr der um ein Nukleosom gewickelten DNA (147 bp) plus einem Linker-Fragment (20 bp). Da DNA-Regionen, die nicht an Proteine gebunden sind, während der Apoptose bevorzugt abgebaut werden, sind diese Regionen im Vergleich zu den nukleosomgeschützten Regionen weniger häufig in der Zirkulation vorhanden. Aufgrund dieser einzigartigen Eigenschaft der cfDNA kann das Nukleosomenmuster aus Next-Generation-Sequencing-Daten abgeleitet werden und gibt Hinweise auf den Aktivierungsstatus von Genen oder Transkriptionsfaktoren, was eine funktionelle Analyse aus der Plasma-DNA-Sequenzierung ermöglicht.
  • Laufzeit: fortlaufend
  • Gefördert durch: BioTechMed-Graz flagship project EPIAge
  • Projektpartner*innen: CEMM, Research Center for Molecular Medicine of the Austrian Academy of Sciences: Christoph Bock, Berlin Institute of Health, JRG Computational Genome Biology: Martin Kircher

Tumorsubtyp-Stratifizierung anhand von Liquid Biopsy

  • Die Abschätzung von Prognosen und Behandlungsstrategien hängt zunehmend von der Stratifizierung von Tumoren in verschiedene Entitäten oder Subtypen ab. Die umfangreichste molekularbasierte Taxonomie von Brustkrebs basiert auf einer Kombination von Genexpression und somatischen Kopienzahlveränderungen (SCNA) basiert, die als integrative Cluster (IntClust) bezeichnet werden. Wir untersuchen, ob diese Untergruppen direkt aus der Plasma-DNA gebildet werden können und ob dies zu einer verbesserten Stratifizierung von Frauen mit Brustkrebs führt. Durch die Einbeziehung von Primärtumoranalysen werden wir einen noch nie dagewesenen Blick auf die Genomevolution von Brustkrebs erhalten. Ähnliche Ansätze verfolgen wir auch beim Prostatakarzinom.
  • Laufzeit: 2019-2022
  • Gefördert durch: FWF KLI 710, KLI 764
  • Projektpartner*innen: Klinische Abteilungen für Gynäkologie, Onkologie und Universitätsklinik für Urologie der Medizinischen Universität Graz, Diagnostik- und Forschungsinstitut für Pathologie an der Med Uni Graz, Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Dokumentation, CEMM: Christoph Bock, Jerome Galon (Paris)

Standardisierung von Liquid Biopsy Ansätzen

  • CANCER-ID ist ein europäisches Konsortium, das von der Innovative Medicines Initiative (IMI) unterstützt wurde und nun von der European Liquid Biopsy Society (ELBS) weitergeführt wird. Dieses Public-Private-Partnership mit derzeit 36 Partnern aus 13 Ländern zielt auf die Etablierung von Standardprotokollen für und die klinische Validierung von blutbasierten Biomarkern. Es bringt Experten aus der akademischen und klinischen Forschung, innovative kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), Diagnostikunternehmen und die pharmazeutische Industrie zusammen und bietet damit einen einzigartigen Rahmen für die Etablierung des klinischen Nutzens von Liquid Biopies. Unsere Gruppe leitet die ctDNA-Arbeitsgruppe und führt umfassende multizentrische Vergleiche von präanalytischen und analytischen ctDNA Arbeitsabläufen durch, die einen wichtigen Beitrag zur Etablierung evidenzbasierter Richtlinien für klinisch praktikable (prä)analytische Arbeitsabläufe darstellen.
  • Laufzeit: Cancer-ID 2015-2019, ELBS: seit 2020
  • Gefördert durch: CANCER-ID, a project funded by the Innovative Medicines Joint Undertaking (IMI JU; #115749-1)
  • Projektpartner*innen: Public-Private-Partnership with currently 36 partners from 13 countries

Christian Doppler-Labor "Liquid Biopsy zur Früherkennung von Krebs"

  • Das CD-Labor ermöglicht die wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen weltweit führenden Biotech-Unternehmen (Freenome und PreAnalytiX) und Wissenschaftlern der MUG im Bereich der Präanalytik und molekularen Diagnostik sowie umfassenden Multiomics PLattformen.Derzeit verhindert ein Mangel an Wissen über die Natur und Biologie der zirkulierenden Tumor-DNA (ctDNA) eine rasche Anwendung von blutbasierten Tests zur Krebsfrüherkennung. Daher ist das Hauptziel unseres CD-Labors die weitere Aufklärung der Biologie der ctDNA, die Verbesserung bestehender Analysemethoden und die Entwicklung fortschrittlicher bioinformatischer Werkzeuge, die eine Erkennung von Krebs im frühesten Stadium ermöglichen (Modul 1). Darüber hinaus konzentrieren wir uns auf die präanalytischen Anforderungen der Flüssigbiopsie, um eine zuverlässige Datengenerierung zu gewährleisten (Modul 2). Die Zusammenführung von klinischen und genomischen Daten durch den Einsatz hochentwickelter bioinformatischer Ansätze und Datenbanken wird letztendlich die Früherkennungsrate von Krebspatienten verbessern.
  • Laufzeit: 2017-2024
  • Gefördert durch: Christian Doppler Research Laboratory for Liquid Biopsies for Early Detection of Cancer funded by the Austrian Federal Ministry for Digital and Economic Affairs
  • Projektpartner*innen: PreAnalytiX, Freenome, Diagnostik- und Forschungsinstitut für Pathologie an der Med Uni Graz, Klinische Abteilungen für Gynäkologie, Onkologie und Universitätsklinik für Urologie der Medizinischen Universität Graz, CeMM, ABCSG, CBMed, St.Anna Kinderkrebsforschung, Chris Smith, Nitzan Rosenfeld (Cancer Research UK Cambridge Institute), Tony Godfrey (School of Medicine, Boston University), Muhammed Murtaza (University of Wisconsin School of Medicine and Public Health), Ed Schuuring, Harry Groen (University of Groningen), Caus Lindbjerg Andersen (Aarhus University), Anders Stahlberg (University of Gothenburg), Abteilung für Pathologie am LKH II, Abteilung für Chirurgie der Barmherzigen Brüder, Abteilung für Chirurgie am LKH II

Diagnostik- und Forschungsinstitut für Humangenetik

Assoz. Prof.in Priv.-Doz.in Mag.a Dr.in
Ellen Heitzer  
T: +43 316 385 73819

Diagnostik- und Forschungsinstitut für Humangenetik

Assoz.-Prof. Priv.-Doz. Dr.
Jochen Bernd Geigl 
T: +43 316 385 73832
CD-Labor

Nichtinvasive Krebsfrüherkennung

Liquid Biopsy findet in der Krebsbehandlung einen vielfältigen Einsatz und wird zur laufenden Überwachung des Therapieverlaufes angewandt. Zudem gilt sie als vielversprechender Ansatz für die Krebsfrüherkennung mittels Untersuchung einer Blutprobe ohne Gewebebiopsien. Gemeinsam mit dem Unternehmenspartner Freenome Holdings und gefördert vom Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort wurde ein Christian Doppler Labor eingerichtet.

Für einen breiten Einsatz der Liquid Biopsy außerhalb von klinischen Studien und Forschungsprojekten müssen die Sensitivität und Genauigkeit bzw. der prädiktive und prognostische Wert der ctDNA in großen prospektiven Studien evaluiert werden.

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Christian Doppler Labor Liquid Biopsy

Video aus der Reihe "Wissenswert"