Brustkrebs verlangt betroffenen Frauen äußerste Anstrengungen ab. Nicht nur die Diagnose und das Wissen, um die eigene, schwere Erkrankung zehren an den Kräften. Auch Therapien sind häufig erschöpfend. Wie man diesen Behandlungspfad so effektiv, aber auch so schonend und nebenwirkungsarm wie möglich gestalten kann, haben Forschende der „Austrian Breast and Colorectal Cancer Study“-Gruppe (ABCSG) untersucht. Ihre Erkenntnisse wurden im renommierten Fachjournal „Nature Cancer“ veröffentlicht.
Wie Krebstherapie treffsicherer und schonender wird
Im Fokus des Therapieansatzes steht eine Kombination aus Chemotherapie und Immuntherapie, eine Behandlungsform, die bei anderen Krebsformen schon eingesetzt wird, nicht aber sogenanntem HER2-positivem Brustkrebs, einer besonders aggressiven Form der Erkrankung. „Wir haben für diese Art des Mammakarzinoms sehr gute Therapien zur Verfügung, Chemotherapien in Verbindung mit monoklonalen Antikörpern“, erklärt Onkologe Gabriel Rinnerthaler (Med Uni Graz). „Wir wissen aber auch, dass wir durch diese Kombination einen relevanten Teil der Patientinnen überbehandeln.“ Das bedeutet, dass Patientinnen auch mit einer weniger aggressiven Therapie die gleiche bzw. eine ähnliche Wirkung erleben würden.
Krebstherapien
Während die Chemotherapie schnell teilende Zellen wie Tumorzellen angreift, indem sie deren Wachstum hemmt oder sie abtötet, unterstützt und aktiviert die Immuntherapie das körpereigene Abwehrsystem, um den Tumor gezielt zu erkennen und zu bekämpfen. Dabei werden oft Antikörper eingesetzt, welche die Bremse aus dem Immunsystem nehmen und somit eine Immunabwehr gegen den Tumor unterstützen. Beide Therapieansätze können zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. Während bei Chemotherapien auch gesunde, sich schnell teilende Zellen geschädigt werden können, kann durch Immuntherapien eine unkontrollierte Immunreaktion gegen gesundes Körpergewebe ausgelöst werden.
Eines der Grundprinzipien der Medizin sei immer abzuwägen: „Was ist die Wirksamkeit, was sind die Nebenwirkungen?“ Denn ab einem gewissen Punkt werden zwar die Nebenwirkungen intensiver, die Wirksamkeit aber nicht. „Wir haben bei dieser Studie also versucht herauszufinden, ob wir in bestimmten Situationen weniger Therapie, konkret weniger Chemotherapie, einsetzen können“, sagt Rinnerthaler. Das Weniger an „Chemo“ wurde durch die Immuntherapie ersetzt, um am Ende ein günstigeres Verhältnis zwischen Wirkungen und Nebenwirkungen zu erreichen.
Bei der Auswertung der Daten zeigte sich, dass die Probandinnen sehr gut auf das Behandlungsschema angesprochen haben. „Wir haben den gleichen Effekt gesehen, als hätten die Patientinnen die volle Chemotherapie erhalten“, sagt Rinnerthaler. Um diese Art der Therapie im klinischen Alltag, abseits von Studien einsetzen zu können, braucht es aber noch weiterführende Forschung mit mehr Daten und mehr Erfahrungswerten. „Wir möchten künftig noch besser vorhersagen können, welche Art von Tumor auf welche Therapie ansprechen wird und ob wir bei bestimmten Tumoren ganz auf die Chemotherapie verzichten können.“
Dass dieser medizinische Fortschritt in weiterer Konsequenz die Überlebenschancen von Krebspatientinnen und -patienten steigert, zeigen Daten des Krebsregisters der Statistik Austria. 63 Prozent all jener, die zwischen 2015 und 2019 eine Krebsdiagnose erhalten hatten, waren fünf Jahre später noch am Leben. In der Diagnoseperiode 2010 bis 2014 waren es 61 Prozent. Diese Verbesserung hat laut Rinnerthaler mehrere Gründe. Zum einen kann Krebs individueller behandelt werden. Nicht jeder Tumor ist gleich, wie auch nicht jeder Patient gleich gut auf eine Therapie anspricht. „Wir können die Erkrankung besser einteilen und so angepasstere, wirksamere Therapien anwenden“, erklärt der Experte.
Auch die Früherkennung und die besseren Behandlungsmöglichkeiten von Tumorbeschwerden sowie der Nebenwirkungen tragen zum Erfolg bei. Zudem spielt die Begleitung der Betroffenen, etwa durch psychologische Betreuung, eine Rolle. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die gestiegene Gesundheitskompetenz. „Je besser sich die betroffene Person mit einer Erkrankung auskennt und weiß, bei welchen Beschwerden sie sich wohin wenden soll, umso eher und besser kann behandelt werden.“
Grundsätzlich gehe es in der Onkologie am Ende darum, für Patientinnen und Patienten gesunde Lebensjahre zu ermöglichen. „Es geht um Lebenszeit, es geht aber auch um Lebensqualität. Wir müssen diese beiden Parameter immer gemeinsam betrachten.“
Weltkrebstag
Alljährlich am 4. Februar wird der Weltkrebstag begangen. Einerseits um die Aufmerksamkeit auf Themen wie Prävention oder Therapie zu lenken, aber vor allem auch, um die Menschen hinter den Diagnosen sichtbarer zu machen.
Textnachweis: Kleine Zeitung, Martina Marx