COVID-19

Umfrage: COVID-19-Modellregion Vorarlberg

In Kooperation mit der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) führte die Medizinische Universität Graz, ähnlich wie in Kärnten, im Mai und Juni 2021 eine repräsentative telefonische Umfrage in Vorarlberg durch, um das „Stimmungsbild“ hinsichtlich der COVID-19 Präventionsmaßnahmen einzufangen. Diese Daten liefern wichtige Ansatzpunkte für ein weiteres Krisenmanagement, wie es etwa in den Herbst- und Wintermonaten wieder auf uns zukommen könnte. Die Studie „COVI-Ad Vorarlberg“ wurde vom Land Vorarlberg und vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz finanziert und umfasste insgesamt 500 ausgewählte Vorarlberger*innen.


Umfrage ermöglicht die Bedürfnisse vor Ort besser zu verstehen

Wissenschafter*innen der Med Uni Graz rund um Andrea Siebenhofer-Kroitzsch, Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung, und Alexander Avian, Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Dokumentation, haben gemeinsam mit Daniela Schmid, Institut für Infektionsepidemioloige & Surveillance von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES), in Vorarlberg erhoben, wie im Befragungszeitraum die Stimmung betreffend die COVID-19 Präventionsmaßnahmen war. „In diesen Befragungen verfolgten wir das Ziel, durch persönliche Gespräche nun auch mit den Vorarlberger*innen eine fundierte und umfassende Information über deren Sichtweise zu erhalten und vor allem auch die nicht-Internet affine Bevölkerung zu erreichen“, betont die Studienleiterin Andrea Siebenhofer-Kroitzsch.

Aspekte, wie beispielsweise die Angst sich mit COVID-19 zu infizieren oder das Vertrauen in Entscheidungsträger*innen, können unabhängig von aktuell gültigen Regelungen direkt Einfluss auf das Verhalten in der Bevölkerung nehmen. „Erkenntnisse über die genauen Zusammenhänge und Einflussfaktoren könnten im Bedarfsfall einen wichtigen Beitrag für strategische Überlegungen für die kommende Herbst- und Wintersaison leisten“, ergänzt die Studienleiterin. Zustimmend meint die Landesrätin für Gesundheit Martina Rüscher: „Wir wollten über die Einstellungen der Vorarlberger*innen zu den ab Mitte März im Rahmen der Modellregion gesetzten Öffnungsschritten im Land Bescheid wissen.“ Auch Armin Fidler beurteilt es sehr positiv, dass nun auch in Vorarlberg erste Ergebnisse dieser repräsentativen Befragung zur Verfügung stehen. „Die Umfrage hilft uns, pro-aktiv und rechtzeitig zu reagieren, so es wieder zu einem Fallanstieg kommen sollte“, argumentiert der Public Health Experte des Landes Vorarlberg.

Die Erhebung und Auswertung der Einflussfaktoren auf das individuelle Verhalten unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen in der COVID-19 Pandemie waren die zentralen Themen dieses KAP-Survey (Knowledge – Attitude – Practice). Erste Ergebnisse zeigen, dass die Bevölkerung die dazugehörigen Maßnahmen zu den Öffnungsschritten überwiegend mitträgt, der Großteil der Bevölkerung sich zumindest einmal testen ließ und die „Corona-Müdigkeit“ weit geringer ist, als man es nach über einem Jahr in der Pandemie annehmen würde. Die Gesamtauswertung der Umfrageergebnisse wird für den Sommer erwartet.


Modellregion Vorarlberg - Mit „Sicherheit“ zurück ins gesellschaftliche Leben

Öffnungen funktionieren dann, wenn sich die Bevölkerung an Maßnahmen hält. Wie die Umfrage zeigt, steht der überwiegende Anteil der Vorarlberger*innen hinter den von der Landesregierung im Frühjahr gesetzten Maßnahmen in der Modellregion (beschränkte Teilnahmezahl, Abstandsregeln, FFP-2 Maskenpflicht, Präventionskonzepte, Eintrittstests, Registrierung) und die gesetzten Öffnungsschritte mit der schrittweisen Rückkehr in gesellschaftliches Leben waren ein Erfolg. „Mittlerweile weiß man auch aufgrund der Auswertungen der AGES, dass die Infektionszahlen im Frühjahr zwar angestiegen, aber nicht ursächlich mit den Öffnungsschritten in Vorarlberg in Beziehung standen, sondern der Ausbreitung der britischen Variante geschuldet waren“, erklärt Armin Fidler.


Auch Nichttester lassen sich gewinnen

80% der Bevölkerung waren zum Befragungszeitpunkt zumindest einmal getestet worden. „Aber für uns von Interesse war gerade die Gruppe der bislang noch nicht Getesteten“, erläutert Andrea Siebenhofer-Kroitzsch, „denn nur so können wir verstehen, warum sich jene bisher noch nie testen ließen.“ Von den Gründen derer, die noch nicht getestet wurden, wurde am häufigsten die Skepsis bezüglich der Aussagekraft des Tests genannt. Einige Personen aus der Gruppe, die bislang an keinem Test teilnahmen, gaben jedoch an, dass sie sich testen lassen würden, um beispielsweise Risikopersonen zu schützen, die Beherbergung oder Gastronomie zu nützen oder Freunde treffen zu können.


Große Solidarität mit Risikogruppen

Auch nach über einem Jahr der Pandemie ist ein Großteil aller Bevölkerungsgruppen bereit sich einzuschränken, um die COVID-19 Risikogruppen zu schützen. Am größten ist der Anteil bei den über 55-Jährigen (> 75%). Weniger als 20% haben sogar noch keine Anzeichen einer Übersättigung des Themas, wobei bei den über 55-Jährigen der Anteil derer, die am zugänglichsten für aktuelle Informationen im Zusammenhang mit COVID-19 ist, am höchsten war. Das Geschlecht und das Bildungsniveau hatten jeweils keinen Einfluss auf die Corona-Müdigkeit.


Ergebnisse sollen zukünftige Strategie im Krisenmanagement optimieren

„Zusammenfassend ging es uns in diesen Interviews mit rund 500 Personen darum zu verstehen, welche Faktoren dafür verantwortlich sind, dass sich die Bevölkerung an die Maßnahmen hält bzw. nicht hält. Dafür wurden u.a. Aspekte wie die wahrgenommenen Vorteile bzw. Nachteile, die das Befolgen der Maßnahmen mit sich bringt, aber auch die Einschätzung der Gefahr sich zu infizieren, das Vertrauen in Institutionen sowie weitere Parameter erhoben“, fasst die Studienleiterin zusammen. Daniela Schmid vom Institut für Infektionsepidemioloige&Surveillance von der AGES erwartet bereits die finalen Auswertungen im Sommer: „Die Ergebnisse können verknüpft mit den epidemiologischen Daten wie Clusterdaten einen Beitrag zur Klärung der Verbreitungsdynamik und des Verbreitungsrisikos leisten.“ Diese Umfrage zeigt, dass es möglich ist, mit einem Telefoninterview auch Personen zu erreichen, die sich nicht an die Maßnahmen halten, um so diese Gruppe besser zu verstehen. Ein wichtiges vorläufiges Ergebnis ist, dass Personen, die sich bisher nicht testen ließen, durchaus dazu bereit sind, wenn es darum geht Risikogruppen zu schützen und weitere Vorzüge wie Beherbergung / Gastronomie zu nützen und Freunde zu treffen. „Auch nach über einem Jahr mit COVID-19 zeigt sich in Vorarlberg, dass die Solidarität in der Gesellschaft sehr hoch ist“, freut sich die die Studienleiterin.


Steckbrief: Andrea Siebenhofer-Kroitzsch

Andrea Siebenhofer-Kroitzsch ist Professorin für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung sowie Vorständin des Instituts für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung (IAMEV). An der Med Uni Graz beschäftigt sie sich mit der Anwendung von Forschungsmethoden der Versorgungsforschung, der evidenzbasierten Medizin und der qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung in der Allgemeinmedizin und bei chronischen Erkrankungen. Sie ist auch Professorin für chronische Krankheit und Versorgungsforschung und stellvertretende Direktorin des Instituts für Allgemeinmedizin an der J.W. Goethe Universität in Frankfurt am Main.

Kontakt

Univ.-Prof.in Dr.in
Andrea Siebenhofer-Kroitzsch 
Institut für Allgemeinmedizin und
evidenzbasierte Versorgungsforschung (IAMEV)
T: +43 316 385 73555