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Nanopartikel: Winzige Riesen mit großem Potenzial

Wissenschafter*innen von drei Grazer Universitäten haben sich zu einer multidisziplinären Gruppe zusammengeschlossen, um einen neuen Ansatz für die umfassende Charakterisierung von Mikro- und Nanopartikeln zu entwickeln. Dieser eröffnet neue Perspektiven auf einzelne Partikel und erlaubt detaillierte Einblicke. In der Zukunft kann der neue Ansatz einerseits eingesetzt werden, um neue Nanomaterialien zu erforschen und zu entwickeln aber auch andererseits, um Partikel in der Umwelt hinsichtlich Größe, Anzahl und Aufbau zu charakterisieren.


Nanopartikel: Winzige Riesen mit großem Potenzial

Nanopartikel messen nur wenige Milliardstel Meter und besitzen oft besondere Eigenschaften, wodurch sie ein immenses Potenzial für Wissenschaft und Industrie haben. Wenig überraschend ist daher der drastische Anstieg in der Produktion und Erforschung neuer Nanomaterialien. In der Medizin werden sie beispielsweise erforscht, um in der Zukunft neue, zielgerichtetere Transportwege von Wirkstoffen im Körper zu erzielen und dadurch eine schonendere und effektivere Therapieoption zu ermöglichen. Andererseits spielten Partikel in der Erdgeschichte und wohlmöglich sogar bei der Entstehung des Lebens eine große Rolle. „Nanopartikel finden sich überall und nehmen auf uns und unsere Umwelt ständigen Einfluss“, meint David Clases, Forscher an der Universität Graz, der die Kooperation angestoßen hat. „Um sie zu verstehen, brauchen wir neue facettenreiche Techniken, die es uns erlauben, einzelne Partikel schnell und von verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Mit der von uns entwickelten Kopplungstechnik haben wir einen großen Schritt in diese Richtung gemacht!“


Innovative Analysetechniken für umfassende Nanopartikel-Charakterisierung

Bisher war es schwierig, verschiedene Analysetechniken zu kombinieren, um ein umfassendes Bild der Nanopartikel und deren Eigenschaften zu erhalten. Hier trägt das Med-Uni-Spin-off BRAVE Analytics mit seinem patentierten „OptoFluidic Force Induction“-Prinzip (OF2i) eine Methode bei, welche die Partikelgröße kontinuierlich und in Echtzeit überwachen lässt. Ausgehend von dieser Methode, haben die Forscher*innen an Uni Graz, TU Graz und Med Uni Graz eine neue instrumentelle Kopplung ausgearbeitet und geprüft: „Wir zeigen mit dieser Forschungsarbeit erstmals die gleichzeitige Nutzung von Optofluidic Force Induction (OF2i) mit Raman-Spektroskopie und Einzelpartikel-ICP-ToF-MS (Inductively Coupled Plasma-Time-of-Flight Mass Spectrometry). Diese Methoden ergänzen sich perfekt und ermöglichen eine umfassende Charakterisierung der Partikel“, fasst Christian Neuper, Forscher an der Technischen Universität Graz und bei BRAVE Analytics, die Herangehensweise zusammen.

„Sogenannte Hyphenated-Methoden verbinden zwei oder mehr Techniken, um komplexere analytische Probleme zu lösen”, erklärt Christian Hill, von der Medizinischen Universität Graz und CEO der BRAVE Analytics. „In diesem Fall charakterisieren wir die Partikel zuerst mit OF2i und Ramanspektroskopie, gleichzeitig werden sie optimal für die ICP-MS-Analyse vorbereitet. Am Ende können wir sehr viel über die einzelnen Partikeln aussagen.”


Präzise Nanopartikel-Analyse durch Kombination von OF2i und Ramanspektroskopie

OF2i und Ramanspektroskopie nutzen die Eigenschaften von Licht und setzen dafür Laser ein. Durch OF2i werden einzelne Partikel mit einem schwach fokussierten Laserstrahl optisch eingefangen. Dies geschieht, indem ein Mikrofluidikfluss - ein Strömungssystem für winzige Flüssigkeitsmengen in mikroskopisch kleinen Kanälen oder Kanalsystemen - entgegen der Laserrichtung ausgerichtet wird. Die Position der Partikel in dieser optischen Falle hängt von ihrem hydrodynamischen Durchmesser ab, was eine Größenbestimmung und die Beseitigung von Störstoffen ermöglicht. „Durch Simulationen konnten wir zeigen, wie Partikel durch OF2i in einer Laserfalle gefangen und so charakterisiert werden können“, erklärt Marko Šimić von der Universität Graz und BRAVE Analytics. Zusätzlich wird das von den Partikeln gestreute Laserlicht mit einem Einzelpartikel-Raman-Spektroskopie-System analysiert, um den chemischen Aufbau der Partikel zu bestimmen. Abschließend werden die Partikel gezählt und hinsichtlich ihrer elementaren Zusammensetzung sowie ihrer Massen- und Größenverteilung mittels Einzelpartikel-ICP-ToF-MS untersucht.

Die hybride Kopplung von OF2i, Ramanspektroskopie und Einzelpartikel-ICP-ToF-MS bietet einzigartige Möglichkeiten für die umfassende und komplementäre Charakterisierung von Nanopartikeln. „Was wir erreicht haben, ist bloß der Anfang“, so Ulrich Hohenester von der Universität Graz „Die Zusammenarbeit über Institute und Universitäten hinweg war sehr fruchtbar, auch die Diskussionen haben Spaß gemacht. Es macht Sinn, in diesem Gebiet weiter zu forschen und die Methode bei verschiedensten Proben anzuwenden.“

Da die entwickelte Methodik nicht nur die umfassende Analyse der gleichen Partikel, sondern auch die Modellierung ihrer Masse und Größenverteilung erlaubt, verspricht die neue Methode eine signifikante Verbesserung der Partikelcharakterisierung und eröffnet neue Wege für die Erforschung und Bewertung von Nanomaterialien in verschiedenen Anwendungsbereichen z.B. in der Umweltanalyse und bei biomedizinischen Formulierungen.
Die gemeinsame Publikation wurde in „Analytical Chemistry“ veröffentlicht.

Kontakt Med Uni Graz

Ing. Dr.
Christian Hill BA MA
Lehrstuhl für Medizinische Physik und Biophysik, Med Uni Graz
BRAVE Analytics GmbH
T: +43 316 385 71696

Kontakt Uni Graz

Ass.-Prof. Dr.
David Clases 
Institut für Chemie
Universität Graz
T: +43 316 380 5318

Kontakt TU Graz

Dipl.-Ing.
Christian Neuper 
Institut für Elektronmikroskopie und Nanoanalytik
Technische Universität Graz