Der 17. Mai ist der Welthypertonietag. Die Hypertonie, besser bekannt als Bluthochdruck, ist in der westlichen Welt eine Volkskrankheit. Gerade am Anfang sind Beschwerden und Symptome nicht bis kaum vorhanden, auf Dauer können allerdings schwere gesundheitliche Schäden folgen. Wir haben mit Nicolas Verheyen, Kardiologe an der Med Uni Graz, über die Krankheit, ihre Folgen und die Prävention gesprochen.
Was ist Bluthochdruck?
Der Blutdruck ist der Druck, der bei jedem Herzschlag auf die Wände der Blutgefäße und die dahinterliegenden Gewebe und Strukturen einwirkt. Meist spricht man dabei vom arteriellen Blutdruck, also dem Druck, der auf die vom Herz wegführenden Gefäße wirkt. „Das Gefäßsystem ist das größte Organ des Körpers, aufgerollt umfasst dieses Organ eine Fläche von sechs bis acht Tennisplätzen“, erklärt Nicolas Verheyen. Von Bluthochdruck spricht man dann, wenn dieser Druck so hoch ist, dass Schäden an den Gefäßen und den Organen auftreten können.
Ein normaler Blutdruck liegt systolisch (der erste gelesene Wert) zwischen 120 und 129 mmHg. „Der Grenzwert für einen erhöhten Blutdruck wären systolisch 140 mmHg. Ab 160 mmHg spricht man bereits von einem deutlich erhöhten Blutdruck“, führt der Kardiologe aus.
Warum ist Bluthochdruck so gefährlich?
„Die Gefahr beim Bluthochdruck ist, dass man ihn nicht spürt. Man spürt nicht, dass der Druck in den Gefäßen zu hoch ist, was man dann spürt, sind die Folgen davon“, erläutert Nicolas Verheyen die heimtückische Erkrankung. „Bluthochdruck ist eine der häufigsten und gefährlichsten Erkrankungen im westlichen Kulturraum“, fährt er fort. Als Folge des ständig zu hohen Drucks wehren sich die Gefäße dagegen: Sie versteifen, verkalken und verengen sich. So können auf Dauer zum Beispiel Schäden am Herz durch verengte Herzkranzgefäße auftreten. Im Gehirn kann es durch den ständig erhöhten Blutdruck zudem zu Schlaganfällen oder Hirnblutungen kommen. „In unserer täglichen klinischen Praxis sehen wir, wie diese Folgen der Hypertonie Menschen schwer aus der Bahn werfen können und auch die Lebenserwartung deutlich einschränken“, führt Nicolas Verheyen den Ernst der Erkrankung aus.
Wenn der Blutdruck zu niedrig ist
Im Gegensatz zum hohen Blutdruck hat der niedrige Blutdruck keine so direkten und drastischen Folgen. „Zu niedriger Blutdruck ist eine Rarität, weil der Körper sich gut selbst regulieren kann. Es gibt Menschen, denen bei niedrigem Blutdruck schwindelig wird, aber das ist jetzt nicht direkt gefährlich“, erläutert Nicolas Verheyen. Die größte Gefahr geht hier von Stürzen aus – besonders bei älteren Menschen mit schwächeren Knochen oder Personen, die Blutverdünner einnehmen.
Was kann man gegen Bluthochdruck tun?
„Bluthochdruck ist eine klassische Lifestyle-Erkrankung“, erklärt der Experte. „Sich versteifende Gefäße im Alter und damit auch ein gewisses Ansteigen des Blutdrucks sind normal. Dass der Blutdruck aber in pathologische Ebenen steigt, das können wir selber auch sehr stark beeinflussen“, fährt Nicolas Verheyen fort. Die Ernährung (zum Beispiel erhöhter Salzkonsum) trägt ebenso zu einem höheren Blutdruck bei wie zum Beispiel Adipositas. Eine Gewichtsreduktion kann daher helfen, einen dauerhaft entgleisten Blutdruck wieder zu reduzieren.
Wie kann ich den Blutdruck richtig messen?
Wer seinen Blutdruck zu Hause korrekt messen will, bekommt von Nicolas Verheyen noch ein paar Tipps. „Der Blutdruck ändert sich im Laufe des Tages und reagiert zum Teil sehr stark auf Aktivität. Es kann durchaus einen großen Unterschied beim Messen machen, ob ich mich gerade erst hingesetzt habe oder schon zehn Minuten ruhig sitze“, erklärt der Kardiologe. Der Blutdruck sollte daher möglichst standardisiert gemessen werden: Das heißt, wenn möglich nach fünf bis zehn Minuten Sitzen in einer ruhigen Umgebung am besten zur gleichen Tageszeit, um Veränderungen besser nachzuvollziehen. Bei der Diagnostik kann Ärzt*innen zudem eine 24-Stunden-Messung des Blutdrucks mit einem speziellen Gerät helfen.
Forschung an der Med Uni Graz
Nicolas Verheyens Forschungsgruppe an der Med Uni Graz beschäftigt sich mit der hypertrophen Kardiomyopathie, einer Erkrankung, die auch mit dem Blutdruck zusammenhängen kann. Bei dieser Erkrankung kommt es zu einer Verdickung des Herzmuskels. Diese Veränderung kann sowohl genetisch programmiert als auch eine Folge von Bluthochdruck sein, da das Herz in diesem Fall ständig gegen den erhöhten Druck pumpen muss und so wie ein Muskel beim Training dicker wird und wächst.
Das ganze Interview finden Sie auf YouTube.
Steckbrief: Nicolas Verheyen
Nicolas Verheyen ist derzeit Facharzt und Leiter der kardiologischen Ambulanz an der Abteilung für Kardiologie des Universitätsklinikums Graz. Selbst als Forscher des Jahres der Medizinischen Universität Graz ausgezeichnet, ist die Förderung des medizinisch-wissenschaftlichen Nachwuchses für ihn ein Kernanliegen. Sein Forschungsteam untersucht klinische Aspekte der Herzschwäche, und hier besonders der hypertrophen Kardiomyopathie. Sie ist die häufigste genetisch bedingte Herzmuskelerkrankung, kann bereits bei jungen Menschen auftreten und zu Herzschwäche und Herzrhyhthmusstörungen bis hin zum plötzlichen Herztod führen. Viele Fragen sind hier bisher ungeklärt, zum Beispiel welche Rolle der Bluthochdruck bei der Ausprägung der Herzmuskelverdickung und verschiedenen Komplikationen der Erkrankung spielt.