Denys Balandin und Tobias Madl

Hautkrebsforschung: vom Labor in die Klinik

Das maligne Melanom, umgangssprachlich auch „schwarzer Hautkrebs“ genannt, ist eine besonders gefährliche und aggressive Form von Hautkrebs und zählt zu den tödlichsten Hautkrankheiten weltweit. Die Zahl der Fälle nimmt global stetig zu. Ein Melanom entsteht durch das unkontrollierte Wachstum von Melanozyten, den Zellen, die für die Produktion von Melanin verantwortlich sind. Die hohe Sterblichkeitsrate bei dieser Krebsart resultiert aus ihrer Fähigkeit, in andere Organe zu streuen. Trotz intensiver Forschung sind viele Aspekte, wie gesunde Zellen krebsartig werden und Metastasen bilden, nach wie vor nicht vollständig geklärt. Der Schlüssel liegt in den komplexen Signalwegen, die die Kommunikation innerhalb der Zellen steuern.
 

Am Lehrstuhl für Medizinische Chemie der Medizinischen Universität Graz wird intensiv an neuen Therapiemöglichkeiten für diese Krebsart geforscht, sowohl auf molekular-chemischer Ebene als auch in Zellkulturmodellen. Das Ziel ist es, erfolgreiche In-vitro-Forschung in die klinische Praxis zu übertragen. Diese „Translation“ wird von einer Gruppe Studierender in der Forschungsgruppe von Tobias Madl vorangetrieben, bei der Denys Balandin eine zentrale Rolle spielt. Dafür wurde er nun mit einem Marshall-Plan-Stipendium ausgezeichnet.


Zelluläre Signalwege als Schlüssel zur Krebsbekämpfung nutzen

Innerhalb der Forschungsgruppe von Tobias Madl arbeitet Denys Balandin an der Identifizierung von Wirkstoffen, die gezielt auf Moleküle im Wnt-Signalweg wirken. Dieser Signalweg ist entscheidend für normales Zellwachstum, die Funktion und Regeneration von Geweben. Bei einer Überaktivierung kann er jedoch unkontrolliertes Zellwachstum und damit Krebs auslösen. Eine wichtige Rolle spielen dabei Transkriptionsfaktoren – Proteine, die darüber entscheiden, ob eine Zelle krebsartig wird. „Diese Proteine sind aufgrund ihrer komplexen und undefinierten Strukturen schwer zu untersuchen und mit Medikamenten zu bekämpfen“, erklärt Denys Balandin.


Fortschritte in der Arzneimittelentwicklung durch NMR-Spektroskopie

Mithilfe der Kernspinresonanzspektroskopie (NMR) beobachtet Denys Balandin die komplexen „Bewegungen“ dieser Proteine und gewinnt so wertvolle Erkenntnisse über ihr Verhalten und ihre Wechselwirkungen. „Dieses Verständnis hat es uns ermöglicht, einen ersten Wirkstoffkandidaten zu entwickeln, der speziell auf diese schwer fassbaren Proteine abzielt“,
berichtet Tobias Madl.

Der nächste Schritt ist die Zusammenarbeit mit dem Weeraratna Lab an der Johns Hopkins University in den USA im Rahmen des Marshall-Plan-Stipendiums, um den Wirkstoffkandidaten zu testen und weiter zu untersuchen, wie der Wnt-Signalweg die Melanomentwicklung beeinflusst. Durch die Bewertung der Wirksamkeit des Wirkstoffkandidaten in Patient*innenproben will das Team neue therapeutische Strategien zur Kontrolle des Krebsfortschritts entwickeln. „Da diese Zielmoleküle auch bei der Entwicklung anderer Krebserkrankungen und altersbedingter Krankheiten eine entscheidende Rolle spielen, erwarten wir uns, dass wir wichtige Erkenntnisse für neue therapeutische Ansätze über die Behandlung des Melanoms hinaus erzielen können“, blickt Tobias Madl in die Zukunft.


Steckbrief: Denys Balandin

Denys Balandin hat 2019 seinen Bachelorabschluss in Materialwissenschaft und Ingenieurwesen an der Nationalen Technischen Universität der Ukraine, dem Igor Sikorsky Kyiv Polytechnic Institute, abgeschlossen, wobei er sich auf neuartige Methoden zur Synthese von Titan-Nanopartikeln und -Legierungen konzentrierte. Anschließend absolvierte er einen Master in Chemischer Nano-Technologie, den er mit Auszeichnung im Rahmen des Erasmus-Mundus-Joint-Master-Degree-Programms erlangte, das die Universitäten Aix-Marseille (Frankreich), Tor Vergata (Italien) und Wrocław University of Science and Technology (Polen) umfasste. Seine Masterarbeit befasste sich mit der Peptidsynthese, insbesondere mit Nanomaterialien, die aus selbstassemblierenden α,β-Peptid-Foldameren gewonnen werden. 2021 begann Balandin seine Promotion an der Medizinischen Universität Graz im Rahmen des PhD-Programms Biomolekulare Strukturen und Interaktionen (BioMolStruct). Seit 2022 arbeitet er im Madl-Labor an strukturellen und funktionalen Studien zur Regulation und Hemmung des TCF/LEF-Transkriptionsfaktors.


Steckbrief: Tobias Madl

Tobias Madl studierte an der Universität Graz Chemie und Physik. 2007 schloss er sein Doktoratsstudium der Chemie ab, in dem er sich bereits mit dem Thema Kernspinresonanzspektroskopie (NMR) auseinandersetzte. Nach Postdoc-Forschungsaufenthalten an der Technischen Universität München und der Universität Utrecht startete er 2012 seine eigenen Forschungsgruppen an der Technischen Universität und am Helmholtz-Zentrum München. Seine Doktorats- und Postdoc-Forschungen wurden durch das DOC-Stipendium der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, das Schrödinger-Stipendium des Österreichischen Wissenschaftsfonds und das EMBO Long-Term Fellowship unterstützt. Seit Jänner 2015 leitet er die Forschungsgruppe „Integrierte Strukturbiologie der Signaltransduktions- und Stoffwechselforschung“ an der Med Uni Graz. Seit 15. Dezember 2023 ist er Professor für Medizinische Chemie an der Med Uni Graz und leitet mehrere Wirkstoffentwicklungsprogramme an der Med Uni Graz, unter anderem im Rahmen des FWF Cluster of Excellence MetAGE.

Weitere Informationen und Kontakt

Univ.-Prof. Priv.-Doz. Mag. Dr. rer. nat.
Tobias Madl 
Lehrstuhl für Medizinische Chemie
Medizinische Universität Graz
T: +43 316 385 71972