Im Vorfeld des Weltkrebstages am 4. Februar geben die Medizinischen Universitäten in Graz, Innsbruck und Wien einen wichtigen Zusammenschluss bekannt: Das neu gegründete Austrian Cancer Center Network (ACCN) bündelt die Expertise der Comprehensive Cancer Center (CCC) in Graz, Innsbruck und Wien. Dadurch wird eine wegweisende Zusammenarbeit ermöglicht. Im Zentrum steht das Ziel, das Leben von Krebspatient*innen durch Förderung der Krebsforschung und Optimierung der Versorgungslandschaft weiter zu verbessern. Bundesminister Martin Polaschek unterstützt das Anliegen.
In Österreich erkranken jährlich über 44.000 Menschen an Krebs. In Europa verlieren 1,3 Millionen Menschen jedes Jahr ihr Leben aufgrund einer Krebserkrankung. Wenn keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden, wird die Zahl der Betroffenen weiter steigen. Um Krebs eines Tages besiegen zu können, erfolgen große gemeinsame Anstrengungen auf EU-Ebene ebenso wie auch in Österreich. Mit dem ACCN wird der Kampf gegen Krebs in Österreich auf ein neues Level gehoben und ein Leuchtturmprojekt gestartet, erklärten der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Martin Polaschek, sowie die drei Leiter der CCC aus Graz, Innsbruck und Wien in einem Pressegespräch. „Mit innovativer Wissenschaft wird in Österreich den gesundheits- und gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen in Bezug auf Krebs begegnet. Als Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung ist es mir ein besonderes Anliegen, insbesondere den Beitrag der Forschung zur besseren Bewältigung von Krebserkrankungen und deren physischen und psychischen Folgen in den Fokus zu rücken“, so Bundesminister Martin Polaschek.
Mehr Menschen in Österreich erhalten Zugang zur Spitzenmedizin
Auch die EU hat im Rahmen ihres Forschungsförderungsprogramms „Horizon Europe“ den Kampf gegen Krebs zu einer der Hauptaufgaben bis 2030 erklärt. Die sogenannte „Mission Cancer“ hat das Ziel, durch verbessertes Verständnis von Krebserkrankungen und verbesserte Prävention, Diagnose und Therapie die Lebensqualität betroffener Menschen zu heben und den Zugang zu einer Behandlung sicherzustellen. Österreich agiert hier mit der Gründung des ACCN als Vorreiter. Ressourcen und Fachwissen werden gebündelt, um innovative Behandlungsansätze und Forschungsergebnisse zu liefern, die Krebspatient*innen direkt zugutekommen. „Ein Ziel der Kooperationspartner ist es, durch die Vernetzung von lokalen Strukturen, die Prävention und die Spitzenmedizin in der Onkologie und für die Menschen in Österreich weiter zu verbessern“, erklärt Shahrokh Shariat, Leiter des CCC Vienna und Leiter der Universitätsklinik für Urologie von Medizinischer Universität Wien und AKH Wien. Mit dem ACCN soll es zukünftig noch einfacher möglich sein, innerhalb von Österreich, aber auch im Rahmen von EU-Projekten zusammenzuarbeiten.
Gemeinsam gegen Krebs: Erste Kooperationsprojekte erfolgreich gestartet
Die enge Zusammenarbeit zwischen den CCCs und weiteren Forschungsgruppen in Österreich zeigt bereits erste Erfolge in Form von innovativen Projekten. Ein von der Medizinischen Universität Innsbruck koordiniertes Projekt beschäftigt sich mit der Mikrobiota, also der Darmflora und ihrem Einfluss auf die Therapie bei Blasen- und Prostatakarzinomen. 7.000 Mal im Jahr erhält ein Mann in Österreich die Diagnose Prostatakarzinom, 1.200 Menschen erkranken an Blasenkrebs. „Obwohl bekannt ist, dass die Mikrobiota das Immunsystem beeinflussen, ist ihr Zusammenspiel mit der Tumorumgebung, dem sogenannten Tumor-Microenvironment, kurz TME, und dessen diagnostisches und therapeutisches Potenzial unvollständig verstanden“, erklärt Dominik Wolf, Leiter des CCC Innsbruck und der Universitätsklinik für Innere Medizin V Onkologie der Medizinischen Universität Innsbruck. In einem Kollaborationsprojekt zwischen verschiedenen Forscher*innengruppen in Wien und Innsbruck wird derzeit erstmals bei Prostata-und Blasenkrebs untersucht, welche Mikrobiota mit diesen Tumoren assoziiert sind und ob es beispielsweise Auffälligkeiten in der Mikrobiota gibt, die als Marker für die Vorhersage einer Behandlungsreaktion dienen könnten. Die Erkenntnisse könnten auch für die Behandlung anderer Krebserkrankungen von großem Interesse sein.
Personalisierte Medizin: Sound-Studie setzt neue Akzente
In den vergangenen Jahren hat sich die Krebsbehandlung immer stärker zu einer Präzisionsmedizin entwickelt. Personalisierte Medizin steht im Vordergrund vieler Tumortherapien. „Wir beschäftigen uns mit den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen der molekularen Tumortherapie und der Frage, welche genetischen Mutationen in Tumoren zu einer Änderung der Therapie führen sollten und welche nicht“, erklärt Philipp Jost, Leiter des CCC Graz und der Klinischen Abteilung für Onkologie der Medizinischen Universität Graz. Dies ist insbesondere wichtig, da das molekulare Verständnis von Veränderungen in Tumorzellen das Kernstück einer zukünftigen personalisierten, zielgerichteten und effektiven Tumortherapie darstellt. Einen wichtigen Schritt zur personalisierten Tumortherapie soll die aktuell laufende SOUND-Studie liefern, die von der Med Uni Graz unter der Leitung von Armin Gerger koordiniert wird. Die SOUND-Studie untersucht in Österreich erstmals in einer multizentrischen Studie, ob Patient*innen mit fortgeschrittener Krebserkrankung anhand einer molekulargenetischen Untersuchung von Tumorgewebe und/oder Blut für eine zielgerichtete personalisierte Tumortherapie identifiziert werden und ob diese Therapie einen klinischen Benefit zeigt.
Fotogalerie der Pressekonferenz
Fotocredit: MedUni Wien/APA-Bilderservice/Juhasz