Als Rettungsschwimmer wusste Simon Orlob von der Klinische Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin 2 der Med Uni Graz eigentlich, wie die Reanimation eines Menschen funktioniert. Als er als Zivildiener in einem Altersheim aber in die Situation kam, dass ein Mensch mit Herz-Kreislaufstillstand vor ihm lag, war er selbst „wie gelähmt“: „Ich kann nachvollziehen, wie beängstigend diese Situation sein kann“, erinnert sich Orlob.
Viele Jahre später, da war der gebürtige Düsseldorfer bereits Medizinstudent in Graz und im Rahmen des Medizinerkorps beim Roten Kreuz aktiv, holte ihn dieses Erlebnis auf andere Art wieder ein: „Viel zu oft kamen wir als Rettungsteam zu einem Einsatz mit Herz-Kreislaufstillstand, wo wir leider nichts mehr tun konnten. Wenn aber jemand vor Ort geholfen und eine Herzdruckmassage gemacht hätte, hätte der Betroffene viel bessere Überlebenschancen gehabt“, sagt Orlob. Gemeinsam mit anderen Medizinstudenten und der Arbeitsgemeinschaft für Notfallmedizin rief Orlob die Initiative „Drück mich“ ins Leben. Deren Ziel: Laien im 1:1-Training zu zeigen, was im Notfall zu tun ist, wie eine Herzdruckmassage funktioniert – und vor allem: Ängste zu nehmen. Denn, so unterstreicht Orlob: „Falsch ist im Notfall nur, gar nichts zu tun.“
Die Zahlen sind eindeutig: Laut Statistik erleidet jeder zehnte Mensch in Österreich im Verlauf seines Lebens einen unerwarteten Herzstillstand – alle 80 Minuten bricht in Österreich ein Mensch mit Herzstillstand leblos zusammen. Leider überleben nur 11 Prozent diesen Notfall. Das müsste aber nicht so sein: Durch sofortige Wiederbelebungsmaßnahmen könnte sich die Überlebensrate deutlich erhöhen.
Rufen – Drücken – Schocken: Das sind die drei wichtigen Schritte, die zu tun sind, wenn ein Mensch einen Herzstillstand erleidet. „Reagiert der Mensch nicht und atmet auch nicht, dann liegt ein Herzstillstand vor“, erklärt Orlob, der an der klinischen Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin der Med Uni Graz tätig ist. Rufen bedeutet, die Rettung unter 144 verständigen. Drücken: mit der Herzdruckmassage beginnen und dazu kräftig und schnell in die Mitte des Brustkorbs drücken, etwa 100 Mal pro Minute. Und schließlich: einen Defibrillator, wenn vorhanden, benutzen. Genau das werden mehr als 100 Medizinstudentinnen und -studenten am heutigen Aktionstag Passanten in der Grazer Innenstadt zeigen. „Damit schaffen wir es, bis zu 2000 Menschen an einem Tag üben zu lassen – darauf können wir in der Steiermark stolz sein“, sagt Orlob.
Dennoch sei noch viel zu tun: Das Erste-Hilfe-Training sollte schon in der Schule gelernt werden, fordert Orlob. Es brauche Apps, über die Ersthelfer, die sich in der Nähe von Notfällen befinden, schnell verständigt werden können. Und: Jeder Streifenwagen in der Steiermark sollte mit einem Defibrillator ausgestattet sein – da die Polizei oft schneller beim Unglücksort sei als die Rettung. So könnte ein „Rettungsnetz“ gewoben werden, indem jeder zum Lebensretter werden kann.
Auch heuer zeigten wieder mehr als 100 Medizinstudent*innen Passant*innen in Graz lebensrettende Maßnahmen. Insgesamt konnte der beachtlichen Zahl von 2.540 Personen ein Wiederbelebungstraining geben werden.
Textnachweis: Sonja Krause, KLEINE ZEITUNG vom 14.10.2023