Steirische Gesundheitskonferenz - Foto: Gesundheitsfonds/Hutter

„Gesund reformiert”: Welchen Weg nimmt das Gesundheitssystem?

Bei der 19. Steirischen Gesundheitskonferenz am 19. Juni 2024 stand die Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung im Fokus. Rektorin Andrea Kurz und Katharina Reich, Chief Medical Officer im Gesundheitsministerium, spannten den Bogen von internationalen Entwicklungen bis hin zu den neuen Chancen der Versorgung in Österreich und der Steiermark.
 

Rund 300 Besucher*innen nahmen an der 19. Gesundheitskonferenz des Gesundheitsfonds Steiermark teil, die am 19. Juni 2024 im Messe Congress Graz stattfand. Die Veranstaltung wurde nach den Kriterien des Österreichischen Umweltzeichens für Green Events ausgerichtet.


Gesundheitslandesrat Karlheinz Kornhäusl: „Gesundheit ist das wichtigste Gut für jeden Einzelnen und die Gesundheitsversorgung die wichtigste Aufgabe für uns alle. Daher arbeiten wir intensiv daran das medizinische Angebot auszubauen, wo immer wir können, denn egal wo jemand lebt, die Versorgung darf keinen Unterschied machen. Mit neuen Gesundheitszentren, einem zusätzlichen virtuellen Notarztstützpunkt, den Maßnahmen für kürzere Wartezeiten und den Investitionen in unsere Spitäler haben wir in den letzten Wochen wieder einige wichtige Projekte auf Schiene gebracht.“


Klubobmann Hannes Schwarz: „Es ist unsere Verantwortung, die Gesundheitsversorgung in der Steiermark kontinuierlich zu verbessern. Die Erkenntnisse der 19. Steirischen Gesundheitskonferenz bestärken uns darin, innovative Wege zu gehen und internationale Best Practices zu adaptieren. Wir setzen auf eine nachhaltige Entwicklung, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt und sicherstellt, dass jeder Zugang zu hochwertiger medizinischer Versorgung hat.“


„Der Bedarf an medizinischen Dienstleistungen steigt kontinuierlich an. Deshalb brauchen wir nicht nur eine stete Weiterentwicklung der niedergelassenen Versorgung mit flexiblen Ordinationsmodellen, sondern müssen auch die Chancen der Digitalisierung effektiv nutzen, um unserem Versorgungsauftrag bestmöglich zu erfüllen“, betonen Vinzenz Harrer und Josef Harb, Vorsitzende des Landesstellenausschusses der ÖGK in der Steiermark: „Gerade was eine gezielte Patient*innensteuerung mit elektronischer Terminbuchung und die Anwendung telemedizinischer Angebote mit einem ,digitalem Ärztepool‘ betrifft, sehen wir hier großes Potential.“


Was können wir vom US-Gesundheitssystem lernen?


Auf internationale Best Practice Beispiele in der Gesundheitsversorgung ging Andrea Kurz in ihrer Keynote ein. Die Rektorin der Med Uni Graz berichtet aus ihrer mehr als 20-jährigen Berufserfahrung in den USA. „Das amerikanische Gesundheitssystem besitzt eine bemerkenswerte Fähigkeit, sich schnell an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen und vorhandene Ressourcen effizient zu nutzen.“ Auch in skandinavischen Ländern zeigen sich dazu innovative Ansätze. Kurz betont dazu allerdings auch:

„Eine übermäßige Kommerzialisierung und die Fokussierung auf Profit über die Gesundheit der Bevölkerung dürfen keinesfalls unseren Ansatz prägen. Stattdessen sollten wir ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Kostenbewusstsein, Effizienz und der Bereitstellung hochwertiger Patient*innenversorgung anstreben. Das Wohl und die Gesundheit der Menschen müssen stets oberste Priorität haben. Durch die sorgfältige Anpassung positiver internationaler Ansätze können wir unser Gesundheitssystem verbessern und gleichzeitig unseren hohen Standards und Werten treu bleiben.“ Kurz nannte dazu ein Beispiel aus dem universitären Bereich: „Wenn unsere Studienprogramme flexibler sind, ähnlich wie in den USA, können wir die Ausbildung attraktiver und effektiver gestalten.“ Auch die interdisziplinäre Forschung durch Schaffung von Zentren, wie es sie am MED CAMPUS Graz gibt, ist ein erfolgsversprechender Ansatz. Dieser könnte durch Erfahrungen aus den USA noch optimiert werden. „Die USA zeigen, dass spezialisierte Zentren für bestimmte Erkrankungen zu einer konzentrierten Expertise und verbesserten Behandlungsergebnissen führen können.“


Wie verändert sich das österreichische Gesundheitssystem bis 2028


Katharina Reich ist Sektionschefin für „Öffentliche Gesundheit und Gesundheitssystem“ und Generaldirektorin für Öffentliche Gesundheit des österreichischen Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. Bei der Gesundheitskonferenz betonte sie: „Die Gesundheitsversorgung in Österreich ist im Allgemeinen sehr gut aufgestellt. Wir haben in den letzten Jahren aber auch Reformbedarf im System erkennen müssen. Die Schlagwörter demografische Entwicklung, Zunahme von chronischen Krankheiten oder Personalknappheit sind uns allen bestens bekannt. Diesen Herausforderungen haben wir versucht, bei den Finanzausgleichsverhandlungen letztes Jahr und den Zielsteuerungsverhandlungen dieses Jahr Rechnung zu tragen“, so Reich, die auch die Ergebnisse der Verhandlungen erläuterte. „Im Fokus stehen vor allem die Stärkung des niedergelassenen Bereichs und Strukturreformen in den Spitälern. So werden wir etwa mehr Ärzt*innen in die niedergelassene Versorgung im Kassensystem bringen. Wir werden die Zahl der Primärversorgungseinheiten in Österreich deutlich erhöhen, gleichzeitig die Öffnungszeiten und die Versorgung für die Bevölkerung verbessern. Unter dem Motto ‚digital vor ambulant vor stationär‘ werden wir 1450 zu einem telemedizinischen Angebot ausbauen, inklusive Terminvergabe für die Patient*innen sowie Videokonsultationsmöglichkeiten mit Ärzt*innen. Damit werden Patient*innen vertrauensvoll, in angemessener Zeit und zielgerichtet an den best point of care vermittelt.“ Und wie konkret wird sich das Gesundheitssystem bis 2028 damit verändern? „Es wird die Chancen der Digitalisierung bestmöglich im Sinne der Patient*innen nutzen, um sie bei einem stärker ausgebauten und attraktiveren Angebot auch mittels der Gesundheitsberatung 1450 zielgerichtet an den best point of care zu verweisen. Die gestärkte Gesundheitsberatung 1450 wird damit gemeinsam mit einer gestärkten Primärversorgung und einer Stärkung der Prävention und Gesundheitsförderung zu einer Entlastung in den Spitalsambulanzen beitragen und dabei gleichzeitig die Versorgungszufriedenheit der Bevölkerung steigern.“


Neue Chancen für die Versorgung in der Steiermark


Michael Koren und Bernd Leinich, Geschäftsführer des Gesundheitsfonds, gingen auf die Potenziale der Digitalisierung in der Steiermark ein. „Wir werden das Gesundheitstelefon 1450 weiter ausbauen, ebenso Telegesundheitsdienste wie HerzMobil und Teledermatologie. Auch der eElternKindpass und die Nutzung eines österreichweiten Gesundheitsportals unter Einbindung steirischer Angebote sind wichtige Schritte.“ Die Geschäftsführer verwiesen auf die Aufstockung des Gesundheitsförderungsfonds, aus dem unter anderem Alkoholprävention, Bewegung und gesunde Ernährung gefördert werden. Verstärkt werden hier u.a Themen wie Klimaschutz und Gesundheit sowie Gesundheitskompetenz und Adipositasprävention berücksichtigt.

Insgesamt beträgt das Budget aus dem Finanzausgleich für das steirische Gesundheitswesen rund 432 Mio. Euro für die Jahre 2024 bis 2028. Rund 112 Mio. Euro davon werden für neue Projekte der Strukturreform verwendet. Damit erfolgt u. a. eine Entlastung des stationären Bereichs und eine Forcierung von Tageskliniken und spitalsambulanten Leistungen. Auch Projekte an der Nahtstelle intra-/extramural wie Erstversorgungsambulanzen sowie telemedizinische Angebote sollen gestärkt werden. Aktuelle Projekte sind hier etwa die Portal-Ordination vor der Kinderklinik und eine neue Erstversorgungsambulanz in Graz-West.
Eine immer wichtigere Rolle im Versorgungssystem nehmen die Gesundheitszentren ein, von denen der Umsetzungsplan 30 Standorte in der Steiermark vorsieht. Speziell für Menschen mit chronischen Erkrankungen bieten Gesundheitszentren künftig noch stärker strukturierte Behandlungsprogramme an - etwa für Diabetes, konorare Herzkrankheiten, Asthma, COPD, psychische Erkrankungen und Osteoporose.

Textnachweis: Gesundheitsfonds Steiermark/Cornelia Kröpfl